In unserer neuen Blog-Serie geben wir euch Einblicke, wie die Umstellung auf Bio-Anbau bei unseren Partner:innen in Tansania abläuft. Unser Verein selbst ist seit 2020 Ecocert-zertifiziert. Wir dürfen also fair gehandelten Biokaffee verkaufen. Deshalb beziehen wir bereits Bio-Robusta von der Kooperative KCU. Doch unsere Partnerkooperative Mahenge Amcos im Süden ist noch nicht soweit. Sie ist Hauptlieferant unseres Arabica-Kaffees. Jetzt allerdings kommt Bewegung in die Sache. Über Chancen, Hürden und Herausforderungen auf der Reise zum Biokaffee berichtet unsere Mitarbeiterin Susann Scharrer.

Teil 1: Bestandsaufnahme

Es ist ein Thema, das uns schon viele Jahre Kopfzerbrechen bereitet: Auf dem weltweiten Kaffeemarkt gibt es so gut wie keinen Biokaffee aus Südtansania, schon gar keinen, der auch noch Fairtrade-zertifiziert ist. Jahrzehntelang hat die tansanische Regierung propagiert, dass ohne Einsatz von Pestiziden schwere Ernteausfälle drohen. Besonders Kleinproduzent:innen, die besonders auf gute Ernten angewiesen sind, sind deshalb stark von diesem Denken geprägt. In der Region Mbinga, aus der unser Kaffee stammt, gibt es bisher gar keine Biokaffeebauern und – bäuerinnen und auch sonst keine bekannte zertifiziert biologische Landwirtschaft.

Nicht alle Bäuerinnen und Bauern unserer Partnerkooperative spritzen ihre Kaffeepflanzen und es wird bereits auf möglichst nachhaltige Anbaumethoden geachtet. Doch für eine Bio-Zertifizierung ist dies nicht ausreichend.

Nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Sein“ sprachen wir bei jedem Besuch bei unseren Partner:innen das Thema Bio an – 2018 erstmals mit Erfolg. Die Kooperative sicherte uns zu, dass sie offen dafür ist und endlich bereit, die Umstellung anzugehen.

Der Plan damals: Nahe des Geländes, auf dem Mahenge Amcos gerade die weiterführende Schule für ihre Kinder baut, wollten die Produzent:innen Flächen reservieren, um neue Kaffeepflanzen zu setzen. Damals ging unsere Partnerkooperative noch davon aus, dass sie nur einen Teil ihres Kaffees ökologisch anbauen könnten und dass es noch Jahre dauern würde, bis eine erste Ernte reif wäre. Doch leider gab es wieder Verzögerungen. Es stellte sich heraus, dass die Produzent:innen kaum Vorstellungen davon hatten, was Bio-Anbau genau bedeutet und warum er sinnvoll ist. Eindeutig brauchte es eine Schulung durch Fachleute. Die Kooperative hatte leider nicht die Möglichkeit, dies selbst zu organisieren.

Hohe Hürden für Kleinfarmer:innen

Warum es so schwer ist, dass eine Kleinbauernkooperative eine Bio-Zertifizierung erreicht, mussten auch wir erst lernen und herausfinden. Wie hoch die Hürden tatsächlich sind, zeigt allein schon ein Blick auf den finanziellen Aspekt. Zertifizierungen kosten Geld, und das jährlich. Was für uns als Verein in Deutschland tragbar ist, ist für die Produzent:innen sehr viel Geld. Doch das ist nur das tatsächliche Prüfverfahren. Wesentlich teurer (und bei einer Kooperative dieser Größe) mit über zwanzigtausend Euro zu Buche schlagen die benötigten Trainings, damit alle Kleinproduzent:innen den ökologischen Anbau lernen können. Des weiteren braucht die Kooperative ausgebildetes Personal, das Meldungen erstellen und die komplexen Unterlagen des Prüfverfahrens ausfüllen kann. In der jetzigen Generation der Mahenge-Farmer:innen hat ein Großteil keine Schulbildung. Deshalb ist es ihnen auch so wichtig, dass ihre Kinder eine gute Ausbildung erhalten. Denn auch in der Landwirtschaft wird Bildung immer notwendiger, um Anbaumethoden zu verbessern und mit Herausforderungen wie dem Klimawandel umgehen zu können.
Bereits bei der Erlangung der Fairtrade-Zertifizierung 2012 waren die Hürden so hoch, dass wir die Kooperative durch Vermittlung fachkundiger Partner vor Ort unterstützten, damit es überhaupt möglich wurde. Aus eigener Kraft und ohne Hilfe von außen ist es für Kleinfarmer:innen kaum zu leisten, sich in irgendeiner Form zertifizieren zu lassen.

Experten-Hilfe ist nötig

Ende 2020 gelang es uns, einen Experten aus Kenia zu gewinnen, der Mahenge Amcos besuchte und zehn Tage lang gemeinsam mit den Produzent:innen eine Bestandsaufnahme machte. Er besuchte verschiedene Kaffeefelder, nahm Bodenproben und sprach ausführlich mit dem Kooperativenvorstand und einer Gruppe von über 40 Mitgliedern. Diskutiert wurden die Vorbehalte der Produzent:innen und die Chancen, die der ökologische Anbau bietet. Hauptsorge waren die Bereiche Bodenfruchtbarkeit, Pflanzenkrankheiten und Schädlinge im Kaffee.

Das Ergebnis der Bestandsaufnahme hat uns sehr positiv überrascht. Unser Berater sieht keinen Grund, warum Mahenge Amcos nicht in der Lage sein sollte eine Bio-Zertifizierung nach einer Umstellungszeit zu erreichen. Und zwar komplett als Kooperative, nicht nur für einzelne Anbauflächen. Wir erwarten jedoch eine mindestens zweijährige Umstellungszeit.

Wie die Bodenproben zeigten, ist eine Umstellung auf ökologischen Anbau absolut sinnvoll und würde die Fruchtbarkeit der Böden sogar erhöhen.

Die Produzent:innen möchten gerne einen Besuch bei bereits bio-zertifizierten Kaffeebauern in Tansania machen und wir werden dies zu vermitteln suchen. Erfreulicherweise hat die Diskussion über die schädlichen Wirkungen der benutzten Dünger und Spritzmittel dazu geführt, dass die Farmer:innen nun großes Interesse an alternativen Methoden haben. Während die entsprechenden nachhaltigen Mittel im Norden Tansanias erhältlich sind, gibt es solche Angebote im Süden bisher nicht.

Die nächsten Schritte

Als nächstes muss Mahenge Amcos nun als Kooperative entscheiden, dass alle Mitglieder auf Bio-Anbau umstellen möchten. Um eine informierte Entscheidung treffen zu können, sollten alle Mitglieder an einem Seminar über biologische Landwirtschaft und die Auswirkungen auf den Kaffeeanbau teilnehmen.

Dieses Seminar wäre auch der Auftakt, um die nötigen Trainings, die die Produzent:innen vor der Zertifizierung absolviert haben müssen, zu erreichen. Neben den Trainings über biologische Landwirtschaft sind auch Trainings für die erfolgreiche Arbeit des Management-Systems nötig.

Die Kosten für all dies möchten wir mit unseren Partner:innen gemeinsam tragen, denn Mahenge Amcos kann diese nicht alleine stemmen. Aktuell sind wir darüber im Gespräch – und sehr gespannt, wie sich die nächsten Schritte gestalten werden.

Corona sorgt für Verzögerungen

Stand 10. März 2021: Heute bekamen wir die Info von unserem Bio-Experten, dass er aufgrund der undurchsichtigen Corona-Lage in Tansania vorerst das geplante Seminar nicht abhalten kann. Verständlicherweise möchte er aus Vorsicht derzeit nicht einreisen, denn in Tansania wird auf Erlass der Regierung hin nicht getestet und es gilt die Ansage, Corona sei im Land besiegt. Da sich derzeit die Todesfälle allerdings stark häufen, lässt die Regierung immerhin wieder zu, dass die Menschen Masken tragen – doch die normale Bevölkerung kann sich diese meist gar nicht leisten. (Wir berichteten – und spendeten 2020 bereits 40.000 € für Corona-Schutzmaßnahmen an das für unsere Partnerkooperative nächstgelegene Krankenhaus Litembo.)

Falls es im Herbst möglich ist, das Seminar abzuhalten, rechnet unser Experte mit dem Beginn des Zertifizierungsverfahrens 2022.

Wie es weitergeht, darüber informieren wir euch in den kommenden Beiträgen unserer Blog-Serie.

07 September 2021