Anlässlich des Welttags der Informationsfreiheit am 16. März wollen wir beleuchten, wie es aktuell mit der Informationsfreiheit in dem Land aussieht, aus dem wir unseren fair gehandelten Kaffee beziehen.

Tansanias Weg zur Demokratie

Vorneweg – Tansania ist eine vergleichsweise junge Demokratie. 1961 erlangte das Land die Unabhängigkeit von Großbritannien. Es folgte eine Periode des Sozialismus unter Staatschef Nyerere. 1992 endete das Einparteiensystem, seit 1995 finden demokratische Wahlen statt. Tansania ist eine Präsidialrepublik, das bedeutet, der alle fünf Jahre gewählte Staatspräsident bestimmt die Politik. Seit Oktober 2015 ist John Magufuli Präsident Tansanias. Magufuli rückte den Kampf gegen Korruption, Vetternwirtschaft und Verschwendung von Steuergeldern in den Mittelpunkt. So wurde zum Beispiel die gesamte Leitung der tansanischen Hafenbehörde wegen Korruption und Misswirtschaft entlassen. Sein Spitzname tingatinga, deutsch etwa „Bulldozer“, kommt also nicht von ungefähr. Seine Popularität war zu Beginn seiner Amtszeit fast grenzenlos.

Kritik unerwünscht

Doch es gibt Anlass zur Besorgnis. 2017 belegte Tansania bei der Rangliste der Pressefreiheit, welche von Reporter ohne Grenzen herausgegeben wird, noch Platz 83 von 180 Ländern. Im Jahr 2020 ist Tansania deutlich auf Rang 124 abgerutscht. Das Demonstrationsrecht soll unter Hinweis auf die öffentliche Sicherheit mehr und mehr eingeschränkt sein. Recherchen der taz zufolge gehe der Präsident rigoros gegen Kritiker und Oppositionelle vor. Kritik an seiner Regierung oder seiner Person sei unerwünscht. Laut Reporter ohne Grenzen wurden seit seinem Amtsantritt mehr als ein Dutzend Medien suspendiert und weitere mit dem Entzug staatlicher Werbegelder bedroht. Unabhängige Journalistinnen und Journalisten stünden unter wachsendem politischen Druck.

Laut der DW Akademie müssten inländische Medien seit einer Weile eine spezielle Genehmigung besitzen, damit sie Programme ausländischer Partner ausstrahlen dürfen. Bislang waren Auslandssender in Tansania eine beliebte Informationsquelle.

Der Deutschlandfunk zitiert dazu Oryem Nyeko von Human Rights Watch: „Präsident Magufuli hatte sich vorgenommen, Entwicklungen voranzutreiben. Aber das war mit einer ganzen Reihe von Gesetzen gegen die Meinungsfreiheit verbunden. Personen oder Organisationen, die anderer Auffassung als der Präsident oder die Regierung sind, müssen mit Konsequenzen rechnen.“

Informationslage in der Corona-Pandemie

Laut Reporter ohne Grenzen hat die Regierung im Frühjahr 2020 jegliche Stellungnahmen zur Covid-19-Pandmie eingestellt. Offiziell wurde vertreten, das Virus gäbe es in Tansania nicht mehr. Der Süddeutschen Zeitung zufolge ist Tansania das einzige Land der Welt, das keine Daten mehr über Infektionszahlen erhebt, obwohl es von der WHO immer wieder dazu aufgefordert wird. Erst Ende Februar 2021 zeigte sich eine Kehrtwende, als der Präsident die Bürger aufforderte, sich mit Gesichtsmasken zu schützen, aber nur mit lokal hergestellten. Krankenhäuser und Ärzte in Tansania sollen über einen rasanten Anstieg angeblicher Lungenentzündungen berichten. Mehrere ranghohe Persönlichkeiten in Tansania seien vermutlich an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben, so die FAZ, darunter der frühere stellvertretende Finanzminister, der ehemalige Zentralbankchef und der erste Vizepräsident von Sansibar. 

Am Donnerstag, 11. März 2021 meldete unter anderem dem Spiegel zufolge die kenianischen Zeitung „Daily Nation“, dass Präsident Magufuli, der ungewöhnlich lange nicht öffentlich aufgetreten ist, sich aufgrund einer Corona-Infektion im Krankenhaus in Nairobi befände. Auch die Nachrichtenagentur AP will aus guter Quelle erfahren haben, dass Magufuli schwer an Corona erkrankt sei. Bestätigt wurde dies bisher nicht. Wir halten die Ohren weiterhin offen und werden berichten, falls sich entscheidende Änderungen ergeben.

Update: 17.03.2021, 22:35 Uhr: Die Süddeutsche Zeitung meldet, dass Präsident John Magufuli tot ist. Offiziellen Angaben zufolge starb er an Herzversagen. Er wurde 61 Jahre alt. Laut Verfassung übernimmt nun die Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan das höchste Amt im Land bis zur nächsten Wahl im Jahr 2025. Samia Suluhu Hassan stammt aus Sansibar. Sie ist wie Magufuli 61 Jahre alt und würde als Muslima auf den Katholiken Magufuli folgen. Sie wäre die erste Frau, die in Ostafrika als Präsidentin ein Land führt.
„Dies ist eine herausfordernde Entwicklung“, meint dazu Claus Heim, Tansaniareferent bei Mission EineWelt, dem Centrum für Entwicklung und Mission der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. „Zur bestehenden Corona-Krise, in deren Kontext uns nach wie vor fast täglich Todesmeldungen aus unserer Partnerkirche in Tansania erreichen, könnte nun, auch wegen diverser anderer Todesfälle in tansanischen Regierungskreisen, ein politisches Machtvakuum kommen.“ Zu hoffen sei zunächst, dass der „Machtübergang tatsächlich verfassungskonform und geordnet“ stattfinde.

Quellen:

06 September 2021
Stichworte: Tansania